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Erste Hinweise zum wissenschaftlichen Arbeiten

Sich in Seminaren zu Wort zu melden und auch Referate vorzutragen, mag gerade für Studienanfängerinnen und -anfänger schwierig sein, ist jedoch grundsätzlich für alle Studierenden der Philosophie von Beginn des Studiums an ratsam und wichtig. Besonders Einführungsseminare sind dazu da, Anfängerfragen zu stellen. Einführungsseminare sind zugleich dazu da, es einzuüben, Inhalte verständlich wiederzugeben und das eigene Verstehen in der Debatte weiterzuentwickeln. Für Bachelorstudierende wie für spätere Masterkandidaten ist es unerlässlich, während des Studiums eine möglichst sichere Praxis im „freien Sprechen“ zu erwerben und damit sozusagen auch zur Anwältin/zum Anwalt einer begrifflich klaren und verständlichen, lebensweltlich anschlussfähigen Philosophie zu werden.
Die in den von Ihnen gewählten Veranstaltungen zu erwerbenden Kreditpunkte werden über Protokolle, Referate und Thesenpapiere, schriftliche Ausarbeitungen der Referate, Essays, Klausuren, mündliche Prüfungen und schriftliche Hausarbeiten vergeben. Die im Folgenden genannten Kreditpunktzahlen sind als regulative Vorgaben zu verstehen. Je nach Ausführung der jeweiligen Leistung (z.B. ein sehr ausführliches Protokoll, das den philosophischen Gedankengang einer Seminarsitzung sehr präzise wiedergibt; ein längerer Essay, der das angegangene Problem in einem weiteren philosophischen Kontext diskutiert; oder aber ein zu knapp geratenes Protokoll, das lediglich ein in der Seminarsitzung entworfenes Tafelbild nachzeichnet) kann der Lehrende in Einzelfällen eine Studienleistung auch höher oder niedriger kreditieren. Die folgenden Hinweise möchten Ihnen Erläuterungen zu diesen verschiedenen Studienleistungen während des B.A. geben:

1. Sitzungsprotokoll
Das Sitzungsprotokoll ist ein Ergebnisprotokoll, kein Verlaufsprotokoll. Es sollte im Titel das Thema der Veranstaltung sowie Angaben zum Dozenten/zur Dozentin, zum Thema der Sitzung und zum Protokollanten führen, um dann die Arbeitsschritte und die Ergebnisse der Sitzung systematisch (also nicht unbedingt gemäß der tatsächlichen Chronologie innerhalb der Sitzung) in knappen Sätzen darzustellen. Geben Sie zentrale im Arbeitsprozess aufgetauchte Fragen, Antworten und Informationen an. Achten Sie auf eine prägnante und fehlerfreie Formulierung, vermeiden Sie persönliche Bewertungen. Nennen Sie Thesen und Hauptargumente von Referaten und Diskussionen; markieren Sie auch offen gebliebene Fragen. Referate, die in der Sitzung gehalten wurden, werden als solche nicht im Protokoll wiederholt, hier reichen die Nennung des Themas und ein Verweis auf das Thesenpapier. In der Sitzung genannte Vertiefungsliteratur sollte an Ort und Stelle genannt und am Ende des Protokolls mit vollständiger bibliographischer Angabe angeführt werden.
Das Sitzungsprotokoll sollte unmittelbar im Anschluss an die Seminarsitzung abgefasst werden und spätestens zu Beginn der nächsten Sitzung vorliegen. Der Sinn des Sitzungsprotokolls ist es, Ihnen und Ihren Kommilitonen einen raschen Überblick über die im Seminar verhandelten Themen zu geben und somit in die Folgesitzung einzuleiten. Idealerweise sollten die gesammelten Sitzungsprotokolle für ein gesamtes Seminar es erlauben, den im Seminar behandelten Stoff zu rekapitulieren und Ihnen auf diesem Wege etwa einen ersten Einstieg in Prüfungsvorbereitungen zu dem entsprechenden Thema erleichtern. Das Sitzungsprotokoll sollte nicht mehr als zwei Seiten umfassen.

2. Referat und Thesenpapier
In den Referaten geht es darum, das Thema strukturiert und verständlich darzustellen und die Zuhörer mit wichtigen Informationen in einem übersichtlichen Papier zu versorgen. Verteilte Papiere sollten entscheidende Thesen herausstellen und Literaturangaben enthalten. Das Thesenpapier ist dabei als eine Dokumentation und Erinnerungshilfe für den Vortrag zu begreifen. Nennen Sie die ihrer Auffassung nach wichtigsten Punkte, von denen Sie zugleich möchten, dass sie nicht vergessen werden.  
Da die zeitliche Dauer eines Referates je nach Vereinbarung begrenzt ist, bedeutet, sich daran zu halten, unweigerlich Schwerpunkte zu setzen. Das Referat ist also kein langer wissenschaftlicher Vortrag, sondern eine Ein- und Hinführung zu dem in der Sitzung behandelten Thema; in aller Regel handelt es sich um einen Ihnen und Ihren Kommilitonen vorliegenden Text oder Textausschnitt. Zu Beginn des Referats sollten Sie dieses Thema benennen und historisch und systematisch in den Zusammenhang des Seminars einordnen, etwa indem Sie einen werkbiographischen Abriss Ihres Autors geben (sofern es sich nicht um ein Seminar handelt, in dem nur ein Autor besprochen wird), oder indem Sie direkt die Relevanz des Themas herausstellen. Das Referat sollte eine systematische Gliederung des Textes liefern, den Argumentationsgang nachvollziehen und zentrale Thesen des Textes herauspräparieren. Das Referat sollte mit Hilfe von an den Thesen orientierten Fragen oder eigenen Einschätzungen der/des Referentin/Referenten zur Diskussion des Themas im Plenum überleiten.
Die Einordnung des Textes, die Gliederung, die zentralen Thesen sowie Ihre Fragen oder Ihre eigenen Thesen sollten auf einem dem Plenum vorliegenden Thesenpapier von ein bis zwei Seiten Umfang festgehalten sein.
Das Referat sollte zwischen 15 und 20 Minuten dauern, auf jeden Fall sollte es nicht länger als 30 Minuten sein.

3. Schriftliche Ausarbeitung des Referats
Die schriftliche Ausarbeitung Ihres Referats gibt pointiert und in vollständigen Sätzen Ihr Referat wieder, wobei die Ergebnisse der Diskussion in Ihre Ausarbeitung mit einfließen sollten. Wie das Referat beginnt die Ausarbeitung mit der Vorstellung und Einordnung des Themas; anstelle der Fragen, mit denen Ihr Referat enden sollte, könnte die Ausarbeitung etwa mit einem Ausblick auf die sich an Ihr Thema anschließenden Themen enden.
Die schriftliche Ausarbeitung sollte einen Umfang von drei bis fünf Seiten haben und die bibliographischen Angaben der verwendeten Literatur enthalten.

4. Essay
Das Verfassen kürzerer oder längerer philosophischer „Versuche“ ist noch nicht sehr lange in das Programm schriftlicher Äußerungen im Rahmen der Seminararbeit aufgenommen, obwohl der Essay eine lange und einschlägige philosophische Tradition hat. Als Abwägung kann er eine These vorstellen, für die er Argumente und Gegenargumente, das Pro und das Contra zu prüfen hat. Der Essayschreiber beansprucht nicht, eine Sache mit letzter Gründlichkeit darzustellen; er ist sich vielmehr bewusst, dass er vieles nur streifen kann; jedoch werden ein oder zwei Gedanken konsequent verfolgt und durchgearbeitet. Dabei gilt es, einen gewissen innovativen „Clou“ argumentativ herauszustellen
Als „Versuch“ unterscheidet sich der Essay von einer wissenschaftlichen Arbeit (etwa der Hausarbeit) durch einen eher subjektiven (nicht aber: beliebigen) Ton und das weitgehende Weglassen des wissenschaftlichen Apparats – z.B. der Fußnoten – oder der Einbeziehung umfangreicher weiterführender oder vertiefender Sekundärliteratur. Sie sollen aber nicht im Essay ungefiltert eine Meinung hererzählen, sondern sich vielmehr darin üben, ausgehend von einem bestimmten, festumrissenen Problem, das sich Ihnen bei der Lektüre der im Seminar behandelten Texte gestellt hat, eine selbständige Argumentation zu entwickeln, die auch für dritte, nämlich den Leser, nachvollziehbar ist und deutlich macht, wieso Ihnen dieses Thema interessant erscheint. Bei dem Problem könnte es sich z.B. um die Interpretation einer wichtigen Textstelle oder eines Gedankenganges, den Sie konkret am Text festmachen können, handeln. Die Essays können je nach Länge und Erstellungsaufwand unterschiedlich kreditiert werden, sinnvoll ist es aber, seminarbegleitend drei kurze Essays (zwei bis drei Seiten) jeweils von Sitzung zu Sitzung einzureichen, um bei diesem „Üben“ möglichst viel von den Rückmeldungen Ihrer Korrekteure profitieren zu können.

5. Klausur
Die Abschlussklausur in den Vorlesungen der Einführungsmodule hat den in der Vorlesung behandelten Stoff zum Gegenstand. Einerseits werden in der Klausur Wissensfragen gestellt, die Sie stichwortartig beantworten können, bei Fragen zur Logik reicht ggf. sogar ein Ankreuzen der richtigen Antwort(en) aus. Andererseits werden aber auch Aufgabenstellungen zu historischen oder systematischen Problemen formuliert, auf die Sie in ganzen Sätzen mit der Rekonstruktion philosophischer Gedankengänge antworten müssen. Hier sollten Sie sich um eine klare Nachzeichnung des Argumentationsgangs und um eine verständliche Sprache bemühen.
Die Klausur geht in der Regel über eine Zeitstunde. Bei Nichtbestehen – aber Erreichen einer Mindestpunktzahl – kann sie einmal wiederholt werden.

6. Mündliche Prüfung
Mündliche Prüfungen können im Anschluss an eine Vorlesung oder ein Seminar als größere Studienleistung abgelegt werden. Gegenstand der Prüfung ist ein Thema aus der vorhergehenden Veranstaltung, über das im Kontext der Problemstellungen der gesamten Veranstaltung geprüft wird. In einer Vorbesprechung können Sie dem Prüfer ein Thema vorschlagen. Entweder ist der Prüfer mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Thema einverstanden oder er wird Sie auf mögliche Einschränkungen oder Ausweitungen des Themas aufmerksam machen, wird Ihnen evtl. über die in der Veranstaltung behandelte Literatur hinaus weitere Texte zur Vorbereitung nennen etc. Sie sollten in Ihrer Vorbereitung auf die Prüfung ein Thesenpapier erarbeiten und dem Prüfer aushändigen, das das Thema und Ihre Thesen zu diesem Thema enthält. Die mündliche Prüfung dauert 30 Minuten.

7. Schriftliche Hausarbeit
Die schriftliche Hausarbeit ist die eigentliche wissenschaftliche Arbeit. Über das Verfassen von Seminararbeiten informiert eine vielgestaltige einschlägige Literatur (siehe Punkt VII. Literaturhinweise) Die Themenfindung erfolgt im Benehmen mit dem jeweiligen Dozenten, der die Arbeit in ihrem Entstehungsgang begleitet. Auf der anderen Seite dienen gerade größere Arbeiten auch dazu, sich selbständig in ein Thema einzuarbeiten. Dabei wird es dann auch erwartet, dass man wichtige bzw. weiterführende Literatur selbsttätig recherchiert. Beachten Sie unbedingt: Plagiate, z. B. die Übernahme von Texten aus dem Internet, sind unzulässig. Sie führen zu einem Verfehlen des Studienziels und können auch in rechtlicher Hinsicht ernste Konsequenzen nach sich ziehen.
In jedem Fall bietet sich eine Rücksprache mit dem Dozenten im Zuge des Arbeitsprozesses an, der einen Überblick über die (lesenswerte) Sekundärliteratur hat und womöglich zu bestimmten Schwerpunkten anregt, so dass die Arbeit im Zuge eines Beratungsprozesses aufgrund eigenen Engagements entsteht. Es empfiehlt sich, zur Etablierung eines entsprechenden Verstehenshorizontes zunächst allgemeinere philosophischer Nachschlagewerke und Lexika als Einstieg zu nutzen.
In Hausarbeiten ist auf begriffliche Klarheit und verständliche Sprache besonders zu achten. Stellen Sie sich für Ihre Vorgehensweise einen zwar intelligenten, aber über das Thema eher uninformierten Leser vor, der jederzeit nachfragen könnte, was eigentlich gerade behandelt wird und was bestimmte Begriffe, Theorien etc. im jeweiligen Kontext bedeuten. Zu einer nachvollziehbaren Darstellung bzw. Textinterpretation gehören in wissenschaftlichen Arbeiten Zitate, die das belegen, wofür gerade argumentiert wird. Der im Zitat wiedergegebene Text muss genau mit der Originalpassage übereinstimmen; mögliche, durch ihren eigenen Satzduktus bedingte Abweichungen müssen im Zitat kenntlich gemacht werden. Vom Verfasser der Hausarbeit in Zitaten selbst vorgenommene Einfügungen und Auslassungen werden durch eckige Klammern gekennzeichnet. Die zitierte Passage muss an der angegebenen Stelle auch wirklich stehen. Alle Gedanken, die nicht der eigenen Produktion entstammen, müssen auf diese Weise gekennzeichnet werden. (Nachweise über „Fußnote“ im Word-Menü „Einfügen“.) Im Allgemeinen verweisen Angaben zu Verfasser und einem Kürzel des Buchtitels in der Fußnote auf das entsprechende Werk, das umfassend im Literaturverzeichnis angegeben wird (s.u. Bibliographische Angaben/Literaturverzeichnis). In der Fußnote, in der zum ersten Mal ein Buch erscheint, sollten diese Angaben ebenfalls vollzählig genannt werden. 
Grundsätzlich gliedert sich eine Hausarbeit in eine einleitende Passage, in einen Hauptteil und einen Schluss. Das Inhaltverzeichnis ordnet die einzelnen Unterpunkte dabei in möglichst sinnvoller und auf den Untersuchungszusammenhang bezogener Weise. Die Einleitung führt zur Thematik hin und gibt einen Überblick über das geplante Vorgehen. Der Hauptteil beinhaltet dann die oft in einzelne Kapitel und Unterkapitel unterteilte Argumentation und Darlegung des Themas, bevor schließlich in einer Schlussbemerkung die Ergebnisse zusammengefasst werden, ein möglicher Ausblick auf anschließende Thematiken gegeben wird und auch eine gewisse persönliche Einschätzung deutlich wird. Im Einzelnen: Deckblatt: Auf das Deckblatt gehören Universität, Semester, Institut, Veranstaltung, in der Sie die Arbeit geschrieben haben, Dozent, Titel und Verfasser mit voller Anschrift, d.h. eine Anschrift, die auch Rückfragen ermöglicht (Telefonnummer, e-mail).
Einleitung: In der Einleitung geben Sie eine Disposition Ihres Themas und benennen klar Ihre oder die von Ihnen unterstützte(n) These(n). Skizzieren Sie hier Ihren Argumentationsgang etwa mit Verweis auf die Gliederung des Hauptteils. Dies ermöglicht dem Leser, einen Überblick über Ihre Argumente zu behalten und vermeidet Missverständnisse. Die Einleitung hat die Aufgabe, den Leser darüber aufzuklären, was ihn auf den nächsten Seiten erwartet, sie ist keine Wiedergabe Ihrer Strukturierungsbemühungen im Verlaufe Ihrer Erstellung der Hausarbeit. Entsprechend empfiehlt es sich, die Einleitung erst als Abschluss Ihrer Arbeit abzufassen und dann dem Text voranzustellen.
Hauptteil: Der Hauptteil ist der Kern Ihrer Arbeit, hier entfalten Sie Ihre Argumentation und entwickeln Ihre Thesen. Je nach Themenstellung wird die Form dieses Teils variieren. Sie sollten sich aber daran halten, dass Sie zunächst eine Darstellung Ihres Gegenstandes liefern und erst daran anschließend in die kritische Diskussion der referierten Argumente und Positionen einsteigen. Die Vermengung von Darstellung und Kritik oder Analyse führt leicht dazu, dass der Leser nicht zwischen Ihrer Position und den von Ihnen vorgestellten Positionen unterscheiden kann. Darüber hinaus wird so für Sie die Strukturierung Ihrer Arbeit erleichtert.
Bedenken Sie insbesondere bei der Hausarbeit, dass es nicht primär darum geht, welche Überzeugungen Sie für richtig halten oder welche Meinungen Sie vertreten. Es geht darum, wie Sie diese begründen, wie Sie Ihre Argumentation aufbauen, wie Sie Argumente anderer untersuchen, sie auf Widersprüchlichkeiten testen oder deren Fruchtbarkeit im Rahmen des Sie interessierenden Diskussionszusammenhangs bewerten.
Schluss: In einem gesonderten Schlussteil Ihrer Arbeit ziehen Sie (notfalls nochmals) das Fazit aus Ihren Überlegungen. Hier tragen Sie pointiert die zentralen Ergebnisse Ihrer Untersuchung zusammen. Es kann sich hier auch anbieten, den Schluss als Ausblick auf weitere Untersuchungsfelder, die Sie durch Ihre Ergebnisse erschlossen haben, zu konzipieren.

Bibliographische Angaben/Literaturverzeichnis:
An das Ende Ihrer Arbeit gehört ein Literaturverzeichnis, in dem Sie alle Titel, aus denen Sie zitiert oder auf die Sie verwiesen haben, bibliographisch aufschlüsseln. Im Wesentlichen wird es sich hierbei um Monographien, Sammelbände/Anthologien und Zeitschriftenaufsätze handeln. Erstellen Sie das Literaturverzeichnis, indem Sie sich für eine der gängigen Angabeweisen (Autorenname vor- oder nachgestellt, Autorenvornamen abgekürzt oder ausgeschrieben etc.) entscheiden, diese dann aber einheitlich durchführen. Beispiele:

Monographie:
Edmund Husserl: Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie. Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie, 4. Aufl, Tübingen 1980.

Sammelband (Anthologie):
Ian Hacking: Die Parodie der Konversation, in: Eva Picardi/Jochen Schulte (Hrsg.): Die Wahrheit der Interpretation, Frankfurt a.M. 1990, 228-247.
Zeitschriftenbeitrag:
Rudolf Carnap: Testability and Meaning, in: Philosophy of Science 3 (1936) 419-471.