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Metaphysik und Mathematik im (vor-)kritischen Projekt

Metaphysik und Mathematik im (vor-)kritischen Projekt Immanuel Kants: Die ‚Negativen Größen‘

Anders als in seinen frühesten, stark der Tradition des deutschsprachigen Rationalismus vertretenen Schriften löst Kant in seinen metaphysikkritischen Schriften der 1760er Jahre den engen Zusammenhang von Logik und Ontologie auf, wie seine Kritik von Leibniz‘ Prinzip des zureichenden Grundes besonders deutlich vor Augen führt. Zu den schärfsten Angriffen Kants auf die traditionelle Metaphysik gehört in dieser Zeit seine Schrift Versuch den Begriff der negativen Größen in die Weltweisheit einzuführen (1763). Er kritisiert u.a. die Vermischung von logischen Grund-Folge-Relationen mit ontologisch interpretierten Ursache-Wirkung-Beziehungen. Gegenüber rationalistischen Fixierungen der Naturerkenntnis durch den Satz der Identität und den Satz des Widerspruchs schlägt er ein Modell vor, dass die Metaphysik mit der Mathematik koordiniert, indem er die Methode letzterer, etwa im Umgang mit unendlich kleinen und negativen Größen, als Verfahren vorschlägt, um Wirklichkeitsbeziehungen zu erkennen. So entsprich z. B. dem mathematischen Gegenüber von positiven und negativen Größen bei Kant in dieser Entwicklungsphase seines philosophischen Denkens ein reales Gegenüber in den Polaritäten der Natur, etwa in Gestalt anziehender und abstoßender Kräfte. Kant sucht mit der Entwicklung eines gleichermaßen dynamischen und polaren Naturbegriffs eine neue Verbindung von Metaphysik und Naturwissenschaft herbeizuführen, die später u.a. in Schellings Naturphilosophie aufgegriffen wurde.    Die eingehende Untersuchung der Negativen Größen und ihres Kontextes, ihre Sachkommentierung auf der Höhe der heutigen Kant-Forschung und ihre Edition sind die Hauptziele des Forschungsprojekts.
    
Publikation und Förderung: Die an der Erstveröffentlichung orientiere Neuedition und Neukommentierung der Wahren Schätzung erfolgt im Rahmen der Akademie-Ausgabe der Gesammelten Schriften Kant’s (Abt. I, Bd. 2), gefördert durch DFG und BBAW.

 

Leitung des Forschungsprojekts und Herausgeber:

Helmut Pulte (Bochum)

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Immanuel Kant

Johann Gottlieb Becker (1720-1782)