NACH OBEN

Forschung

Wenn wir informell lernen, erwerben wir Wissen und Kompetenzen außerhalb formaler Lernsettings wie Schule und Hochschule. Dafür erhalten wir in der Regel keine Zeugnisse und Zertifikate, aber wir sind oft in der Lage, mit dem erworbenen Wissen und Können für uns bedeutsame Probleme zu lösen oder uns eine Meinung zu bilden. Insbesondere in einer digital geprägten Gesellschaft stehen uns als Bürger:innen vielfältige Informationsangebote zur Verfügung, die wir orts- und zeitflexibel nutzen können, und die uns eine Teilhabe am Wissen der Gesellschaft ermöglichen.

Genau hier liegt der Schwerpunkt unserer Forschung: Wir untersuchen Kompetenzen, die Bürger:innen im Zuge des selbstgesteuerten, informellen Lernens in digitalen Informationsumwelten benötigen. Dabei fokussieren wir auf den Umgang mit teilweise konfligierenden Informationen, die aufgrund des offenen Publikationsprinzips im Internet von wissenschaftlich akkuraten Sachdarstellungen bis zu absichtlich verbreiteten Falschinformationen reichen. Mit den Methoden und Theorien der kognitionspsychologischen Leseforschung untersuchen wir die Randbedingungen, unter denen Menschen Informationen aus einer Vielzahl von Quellen integrieren und die Mechanismen, die der Bewertung von Online-Informationen und ihren Quellen zugrunde liegen. Zudem erforschen wir mit Methoden aus der Metakognitionsforschung, inwiefern Lerner:innen ihr eigenes Verständnis beim Lernen aus multiplen Dokumente akkurat einschätzen, und diese Einschätzungen für die Steuerung ihres Lernprozesses nutzen. Die Ergebnisse unserer Forschung fließen regelmäßig in die Entwicklung von Fördermaßnahmen, zum Beispiel zur Förderung der Resilienz gegenüber Falschinformation bei Jugendlichen (vgl. Projekt Qapito), ein.


Forschungsprojekte

Deutsche Telekom Stiftung

 

 

Qapito! Entwicklung und Implementation von Maßnahmen zur Förderung von Quellenbewertungskompetenzen in der schulischen und außerschulischen Bildungspraxis"

Gefördert durch die Deutsche Telekom Stiftung für den Zeitraum 07/2022-06/2025

Das Projekt zielt darauf ab, Lehrer:innen und außerschulische Lernbegleiter:innen dabei zu unterstützen, die kritische Bewertungskompetenz von Jugendlichen zu fördern. Lernmodule, die in einem früheren Projekt ("Qapito!", siehe unten) entwickelt wurden, werden im Rahmen dieses Projekts auf die Bedürfnisse der MINT-Fächer zugeschnitten, so dass sie im naturwissenschaftlichen Unterricht eingesetzt werden können. Eine Online-Fortbildungsmaßname und begleitende Webinare werden entwickelt, um Lehrkräften zu zeigen, wie sie die Qapito!-Materialien verwenden und effektiv einsetzen können. Die Wirksamkeit der entwickelten Lehr-Lernszenarien wird mit den Methoden der empirischen Bildungsforschung evaluiert.

Projektmitglieder: Philipp Marten, M. A., M. Sc.; Prof. Dr. Marc Stadtler, Prof. Dr. Sandra Aßmann


Deutsche Telekom Stiftung

Qapito! Kritische Bewertung von Informationen in schulischen und außerschulischen Bildungseinrichtungen

Gefördert durch die Deutsche Telekom Stiftung für den Zeitraum 10/2020-06/2022

Ob die Recherche für Aufgaben, die Kommunikation über Messenger-Dienste oder das Lösen von Hausaufgaben mit Hilfe von Erklärvideos auf YouTube - das Internet ist ein wichtiger Bestandteil des Alltags von Kindern und Jugendlichen. Der einfache Zugang zu einer großen Menge an Informationen geht jedoch mit der Schwierigkeit einher, glaubwürdige Quellen zu identifizieren. Institutionen und Einzelpersonen stellen nicht nur korrekte Fakten ein, sondern verbreiten auch schlecht recherchierte Behauptungen, politisch geprägte Weltanschauungen und Fake News.

Dieses Projekt fördert daher die kritische Bewertungskompetenz von Jugendlichen auf zweierlei Weise: Zum einen entwickeln und erproben wir in Zusammenarbeit mit dem Institut für Journalistik der TU Dortmund modulare Workshop-Konzepte. Diese Workshops zielen darauf ab, die Teilnehmenden mit dem mehrdimensionalen Konzept von "Fake News" sowie mit Möglichkeiten zur Erkennung dieser Phänomene vertraut zu machen. Anhand von modularen Elementen können wir die Workshops auf die individuellen Bedürfnisse der teilnehmenden Gruppen abstimmen. Nach Abschluss unseres Workshops sollen die Teilnehmer in der Lage sein, Quellen selbstständig und systematisch auf ihre Glaubwürdigkeit hin zu bewerten und den Wahrheitsgehalt einer Aussage zu überprüfen.

In einer zweiten Säule beraten wir wissenschaftlich die Entwicklung eines ernsten Spiels mit ähnlicher Zielsetzung. Jugendliche sollen in einem app- und webbasierten Spiel mehrere Levels absolvieren und dabei Fakten von Fälschungen unterscheiden. Die Fälle basieren auf evidenzbasierten Szenarien und die Wirkung dieses Gamification-Elements auf die Erkennung von "Fake News" wird evaluiert.

Die modularen Workshop-Elemente werden als offene Bildungsressourcen (OER) veröffentlicht und verbreitet, so dass sie in einen regulären Lehrplan integriert werden können. Mit diesem Projekt leisten wir einen Beitrag zur Resilienz gegenüber gezielten Desinformationskampagnen, verdeckten Werbebotschaften und Verschwörungsideologien.

https://www.telekom-stiftung.de/aktivitaeten/qapito-quellen-kritisch-beurteilen

Projektmitglieder: Philipp Marten, M.A, M.Sc; Prof. Dr. Marc Stadtler, Prof. Dr. Sandra Aßmann


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Klima:Digital. Wer hat Recht im Internet?

Funded by the Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung, since 08/21

Für viele Menschen ist das Internet zur wichtigsten Quelle für Informationen über wissenschaftliche Themen wie den Klimawandel geworden. Aufgrund des offenen Publikationsprinzips dieses Mediums finden sich im Internet jedoch neben wissenschaftlich akkuraten Behauptungen auch verzerrte Informationen oder direkte Lügen. In diesem Projekt entwickeln und implementieren wir einen Workshop für das Alfried Krupp Schülerlabor der Wissenschaften (www.aks.ruhr-uni-bochum.de/projekte/Klimadigital.html.de), in dem Schüler:innen zum Klimawandel experimentieren und Kompetenzen darin erwerben, Falschinformationen zum Thema Klimawandel im Internet zu erkennen.

Projektbeteiligte: Prof. Dr. Heiko Krabbe, Didaktik der Physik, Prof. Dr. Marc Stadtler, Carolin Baumgarten, M.A.


Deutsche Telekom Stiftung

 

Entwicklung einer Evaluationsstrategie für die kreativitätsbezogenen Fördermaßnahmen der Deutsche Telekom Stiftung

Gefördert durch die Deutsche Telekom Stiftung, 09/2021-04/2022

Kreativität ist eine Kernkompetenz in einer zunehmend komplexen Welt, in der immer mehr Routineaufgaben von Computern übernommen werden. Vor diesem Hintergrund hat die Deutsche Telekom Stiftung spielerische Kreativitätstrainings für Jugendliche entwickelt, die sowohl in schulischen als auch in außerschulischen Kontexten eingesetzt werden können (www.telekom-stiftung.de/aktivitaeten/design-thinking-der-bildung und www.telekom-stiftung.de/aktivitaeten/moonshot-edu). Ziel dieses Projekts ist es, eine umfassende Strategie zur Evaluation des individuellen Lernzuwachses zu entwickeln, der mit diesen Interventionen erzielt wird.


Project DiAL:OGe, funded by the BMBF

Wem vertrauen Sie? Die Entwicklung von Unterrichtskonzepten zur Förderung der kritischen Bewertung von Online-Informationen durch Schülerinnen und Schüler.

#Digitalkompetenz im Rahmen des vom BMBF geförderten QLB 2019-Projekts DiAL:OGe
Förderungszeitraum: 01.03.2020 - 31.12.2023

Das Hauptziel des Projekts ist die Entwicklung, Implementierung und Evaluation von Modulen für die Lehrerausbildung im Fach Physik an der Ruhr-Universität Bochum. Unsere Lehrkonzepte befähigen Lehramtsstudierende, digitale Inhalte in den Unterricht zu integrieren und die kritische Bewertung von Online-Quellen bei ihren Schülerinnen und Schülern zu fördern.

Wie in der Literatur gezeigt wird, sind diese Fähigkeiten entscheidend für das Lernen aus Online-Quellen (Bråten, Stadtler, & Salmerón, 2017). Dennoch werden sie sowohl in der Schule als auch auf Hochschulebene kaum gelehrt. Daher zeigen zahlreiche Studien, dass Schülerinnen und Schüler fast aller Altersgruppen Schwierigkeiten bei der Bewertung von Informationen aus verschiedenen Online-Quellen haben (Pérez et al., 2018).

Wir gehen dieses Problem an, indem wir Lehramtsstudierende ermutigen, zunächst ihre eigenen Kompetenzen zur Quellenbewertung zu entwickeln und dann zu lernen, wie sie diese Kompetenzen bei Sekundarschülern fördern können. Zu diesem Zweck entwickeln Lehramtsstudierende eigene evidenzbasierte Unterrichtskonzepte und setzen diese in Workshops im Alfried Krupp-Schülerlabor um.

Weitere Informationen zu diesem Projekt finden Sie unter www.pse.rub.de/dialoge/.

Projektbeteiligte: Carolin Baumgarten, M.A., Prof. Dr. Marc Stadtler, Prof. Dr. Heiko Krabbe



Die Bewertung wissenschaftlicher Informationen durch Laien

Das Forschungsprojekt konzentriert sich auf die spezifischen Herausforderungen, denen Laien bei der Bewertung wissenschaftlicher Informationen im Internet gegenüberstehen. Zu diesen Herausforderungen gehört die Notwendigkeit, die Validität der vorgefundenen Behauptungen sowie die eigenen Bewertungskompetenzen rational zu beurteilen. Wir interessieren uns insbesondere für zwei Formen von Bewertungsvorurteilen, die eine solche rationale Bewertung verhindern können:
(1.) Einfachheitseffekt der Wissenschaftspopularisierung: Wenn Laien mit relativ leicht verständlichen Darstellungen wissenschaftlicher Phänomene konfrontiert werden, neigen sie dazu, ihre eigene Fähigkeit, themenbezogene Behauptungen zuverlässig zu bewerten, zu überschätzen. Umgekehrt unterschätzen sie ihre Abhängigkeit von Expertenrat, die sich aus der kognitiven Arbeitsteilung in modernen Gesellschaften ergibt. Der Einfachheitseffekt ist praktisch relevant, da populärwissenschaftliche Berichte, die sich speziell an Laien richten, meist durch eine starke Vereinfachung der dargestellten Inhalte gekennzeichnet sind. Folglich können diese Berichte dazu beitragen, dass Laien ihre eigenen Bewertungskompetenzen überschätzen.
(2.) Ethisch motivierte Bewertung von wissenschaftlichen Aussagen: Viele wissenschaftliche Themen sind für die Gesellschaft unmittelbar relevant. Folglich werfen sie ethische Fragen auf, wie sich die Gesellschaft in Bezug auf diese Themen verhalten sollte (z. B. Klimawandel, Abtreibung, Stammzellenforschung). Die enge Verbindung zwischen wissenschaftlichen und ethischen Fragen erhöht das Risiko, dass Laien eine ethisch voreingenommene Bewertung von themenbezogenen wissenschaftlichen Aussagen vornehmen. Laien neigen eher dazu, diejenigen wissenschaftlichen Behauptungen als gültig zu akzeptieren, die ihre eigene ethische Position unterstützen oder die von einer ethisch gleichgesinnten Quelle vorgeschlagen werden.
Wir untersuchen die Bedingungen, unter denen diese Bewertungsverzerrungen auftreten. Die Ergebnisse werden genutzt, um Maßnahmen zu entwickeln, mit denen Laien gegen diese Voreingenommenheit immunisiert werden können, so dass sie rationale Bewertungsurteile fällen können.

Lisa Scharrer, Marc Stadtler


Deutsche Forschungsgemeinschaft Science and the Public Logos
 

Die kognitive Arbeitsteilung und die Integration von Informationen aus mehreren Dokumenten im Internet

DFG-Projekt im Rahmen des SPP 1409 Wissenschaft und Öffentlichkeit
Förderungszeitraum: 01.08.2009 - 31.07.2015

Das Projekt untersucht den Umgang von Laien mit widersprüchlichen wissenschaftlichen Informationen im Internet. Die zu bearbeitenden wissenschaftlichen Themen stammen aus den Bereichen Medizin und Klimawandel. Eine weit verbreitete Variante der Internetsuche wird experimentell simuliert: Laien suchen in teilweise widersprüchlichen Dokumenten nach Fachinformationen, um eine informierte Entscheidung zu begründen. Da wissenschaftliche Informationen in der Regel tentativer und widersprüchlicher Natur sind, stellt sich die zentrale Frage, unter welchen Bedingungen Laien Konflikte wahrnehmen und wie sie Argumentationen bewerten, in die Konflikte eingebettet sind. In einer ersten Studienreihe wollen wir Faktoren untersuchen, die sich darauf auswirken, wie Leser widersprüchliche Informationen erkennen und verarbeiten. In einer parallelen Reihe von Studien untersuchen wir Faktoren, die die Versuche von Laien beeinflussen, wissenschaftliche Konflikte subjektiv zu lösen. Weitere Studien werden durchgeführt, um die Annahmen von Laien über die Verteilung und Struktur von wissenschaftlichem Wissen in modernen Gesellschaften zu erhellen. Theoretisch knüpft das Projekt an das Content-Source-Integration-Modell von Stadtler & Bromme (2010) und an die Theorie der kognitiven Arbeitsteilung (Bromme, Kienhues & Porsch, 2010) in Bezug auf das Verstehen wissenschaftlicher Informationen aus mehreren Dokumenten an. Siehe auch http://www.scienceandthepublic.de.

Für weitere Informationen zu diesem Projekt siehe Wissenschaftsjahr 2014 Digitale Gesellschaft.

Rainer Bromme, Marc Stadtler, Lisa Scharrer, Eva Thomm


Deutsche Forschungsgemeinschaft und Agence Nationale de la Recherche Logos kombiniert

Förderung der Fähigkeit, mehrere Dokumente zu lesen und zu schreiben: Eine europäische Perspektive (MD-SKILLS)

Von ANR und DFG finanziertes Projekt im Rahmen des deutsch-französischen gemeinsamen Forschungsprogramms in den Geistes- und Sozialwissenschaften
Förderungszeitraum: 01.06.2013 - 30.10.2017

Das Hauptziel dieses Projekts ist es, eine neue Unterrichtsmethode zu entwickeln und zu evaluieren, um das Bewusstsein und die Nutzung von mehreren Dokumenten bei Jugendlichen zu fördern. Unser Ansatz basiert auf einer Analyse der neuen Anforderungen, die die heutige Gesellschaft an das Verständnis und die Nutzung von Dokumenten stellt, sowie auf den neuesten Erkenntnissen über die kognitiven Ressourcen und Prozesse, die diese Aktivitäten unterstützen. Auf der Grundlage bestehender theoretischer Modelle identifizieren wir zwei Kernkompetenzen, nämlich Informationsbewertung und -integration, die die Grundlage unseres Forschungs- und Entwicklungsprogramms bilden. Erkenntnisse aus Forschungsstudien und groß angelegten Umfragen deuten darauf hin, dass viele 15-jährige Schüler Schwierigkeiten bei der Bewertung und Integration von Informationen in Texten haben. Gleichzeitig fehlt es den Bildungssystemen in Frankreich und Deutschland an angemessenen Bewertungs- und Trainingsverfahren zur Entwicklung dieser Fähigkeiten. Daher ist es theoretisch und pädagogisch relevant, das Potenzial der Schüler zum Erlernen dieser Fähigkeiten zu bewerten sowie die Wirksamkeit innovativer Trainingsverfahren zu entwickeln, zu implementieren und zu evaluieren, wobei die Beschränkungen und Möglichkeiten der verschiedenen Bildungssysteme zu berücksichtigen sind. Durch die Zusammenarbeit werden die teilnehmenden Teams ihre jeweiligen Fachkenntnisse nutzen und von länderübergreifenden Beobachtungen und Ergebnissen profitieren. Während der dreijährigen Projektlaufzeit werden wir (a) einen originellen Rahmen entwickeln, um die Kernkompetenzen, auf die unsere Trainingsmodule abzielen, und das Lernpotenzial von Neuntklässlern zu beschreiben; (b) wir werden eine Reihe von Unterrichtsmodulen und Übungsaufgaben entwickeln und testen, die sich auf die einzelnen Kompetenzen und Teilkompetenzen konzentrieren, und (c) wir werden eine Interventionsstudie durchführen, in der Gruppen von Schülern aus beiden Ländern ihre Kompetenzen im Umgang mit mehreren Dokumenten entwickeln werden. Schließlich werden wir die Möglichkeiten für den Transfer und die Verbreitung der Ergebnisse dieses Projekts auf authentische Lernumgebungen prüfen.

Marc Stadtler, Rainer Bromme