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Bildung und Macht

Studien zu einem Grundbegriff der Erziehungswissenschaft

Prof. Dr. Norbert Ricken

Habilitationsprojekt (1998-2003)

Die gegenwärtigen - ebenso vielfältigen wie heterogenen und aufgrund ihrer Komplexität kaum übersehbaren - gesellschaftlichen Transformationsprozesse, die die derzeitige, geschichtlich gewordene Konstruktion des Sozialen erheblich verwandeln (Stichworte: Übergangsgesellschaft', 'Wissens- und Informationsgesellschaft', 'Ende der Arbeitsgesellschaft' und 'learning society', 'Individualisierungs- und Globalisierungsprozesse' etc.), stellen nicht nur einen veränderten (gesellschaftlichen) Kontext pädagogischen Handelns dar, sondern verdanken sich selbst einer ebenso tiefgreifenden wie paradoxen Inanspruchnahme pädagogischen Handelns: während pädagogisches Handeln zum einen als Ermöglichungsbedingung wie Kompensationsinstanz gegenwärtiger Veränderungs- und Intensivierungsprozesse gilt (und - in dieser strukturellen Ambivalenz - eine zentrale Rolle in der (Re-)Konstruktion des Sozialen zugewiesen bekommt), kann das Erziehungssystem (gegenwärtig) das für seine Funktionen benötigte Kapital gerade aufgrund verkürzter Rendite- und Kapitallaufzeiten nicht (bzw. nur ungenügend) anziehen. Gegenüber einer solch ambivalenten funktionalen Inanspruchnahme hat das pädagogische System mithilfe einer eigenständigen Semantik (pädagogischer Fachbegriffe) immer wieder auf (relativer) Autonomie bestanden; insbesondere im Begriff der 'Bildung' werden gegenwärtig pädagogische Reflexionen gebündelt und als ebenso kritische wie zuspitzende Reflexionen der diagnostizierbaren gesellschaftlichen Transformationen in Anschlag gebracht (exemplarisch als pädagogische Bearbeitung und Aneignung von Wissen und Lernen). Dass aber der Begriff der Bildung (und sein strukturierendes Konzept) selbst Teil der reflektierten und kritisierten Prozesse ist, wird dabei - insbesondere in der üblich gewordenen Gegenüberstellung von Bildung und Macht bzw. Herrschaft - allzuschnell übersehen.

In den anvisierten Studien geht es daher um eine machttheoretisch justierte Analyse der Idee der Bildung' als eines mehrfach dimensionierten Gesellschaftprogramms, um auch der kategorialen Verflechtung des Bildungsbegriffs in den Komplex der 'Steigerungsmechanismen' (Peukert) nachgehen zu können. Einer solchen 'Genealogie der Bildung' soll in einer historisch-systematischen Studie diskurstheoretisch (im Rückgriff auf die Arbeiten Foucaults) exemplarisch zugearbeitet werden, so dass die 'Idee der Bildung' als zentrales gesellschaftliches Programm im Kontext von differentiellen Modernisierungsprozessen kritisch rekonstruiert, in ihren (insbesondere für menschliche Selbstbeschreibungen und Selbstgestaltungen) höchst folgenreichen Implikationen analysiert und auch grundbegrifflich in erziehungswissenschaftlicher Theoriebildung reflektiert werden kann.

Wichtige Studien konnten während einer 'Fellowship' in 2000/2001 an der KU Leuven/ Centrum voor Fundamentele Pedagogiek erarbeitet werden.

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